Stadtförster trifft »Waldkind«: Bürgermeisterkandidatin beim Rundgang durch Springes Stadtwald
waldspaziergang-2.jpg

Auf seine unvergleichlich anschauliche und nachvollziehbare Weise hat Springes Stadtförster Bernd Gallas jetzt auf Einladung der Klima und Umwelt AG 15 Naturverbundene vom Parkplatz Sophienhöhe aus durch den östlichen Teil »seines« Stadtwaldes begleitet. Der rund 740 Hektar große Stadtforst im Großen Deister umsäumt den Springer Talkessel vom Ebersberg bis zum Waldfriedhof wie eine Sichel. Bei so kundiger und kurzweiliger Führung verging der zweieinhalbstündige Rundgang wie im Flug.
Als Gallas den städtischen Forstbetrieb vor mehr als drei Jahrzehnten übernommen hatte, war Antje Roth kurz darauf im Jahr der deutschen Wiedervereinigung gerade erst geboren. Für die jetzige Bürgermeisterkandidatin der Springer Grünen, die mitten in der Natur in der Försterei Priepert im Müritzer Seenpark aufwuchs, eine Autostunde von Springes Partnerstadt Waren entfernt, ist der Wald nicht weniger als ihr »Wohnzimmer«. Dass die junge Frau heute so viel vom Wald, seinen Bäumen und Tieren versteht, ist ihr nicht nur in die Wiege gelegt worden. Da gleich beide Eltern Förster sind, hat das Waldkind schon früh das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen in der Natur erlebt und von Anfang an einen achtsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen des Lebens gelernt. Von diesen Erfahrungen profitierte Antje Roth auch bei ihrer bemerkenswerten Masterarbeit, die sie an der Universität Potsdam zum Thema »Die gesellschaftspolitischen Ursachen und Folgen überhöhter Schalenwildbestände in Deutschland« verfasste. Schalenwild ist die weidmännische Bezeichnung für Waldtiere wie Rehe, Damwild und Rothirsche, deren Hufe oder Klauen Schalen genannt werden.
In ihrer 90-seitigen Arbeit von 2015 widmet sich Roth dem Wald-Wild-Zielkonflikt, der in der bundesdeutschen Gesellschaft zwischen der einflussreichen und mächtigen Jagdlobby und den Interessenvertretern einer naturnahen Forstwirtschaft mit einem ökonomisch und ökologisch erfolgreichen Waldbau sehr emotional und stellenweise mit großer Härte ausgetragen wird. Dabei geht es aber nicht um Proteste gegen die Jagd an sich oder Attacken militanter Tierschützer gegen Hochsitze. Im Gegenteil: Die Kritik richtet sich gegen eine Überhege des Wildes, weil manche Jäger dazu neigen, stets aus dem Vollen schöpfen zu wollen und daher lieber einen gut gefüllten Fauna-Garten Eden bevorzugen als eine geringe Wilddichte. Eine Überpopulation, weil zum einen einstige Fressfeinde wie Wolf, Bär und Luchs weitgehend fehlen, harte Winter den Wildbestand viel seltener regulieren und zum anderen das verstärkte Fraßangebot durch die Landwirtschaft und zusätzliche Fütterungen der Jäger mehr Nachwuchs ernährt, schwächt jedoch neben klimatischen Veränderungen wie häufigeren Trockenheitsperioden den Wald. Naturnahe Wälder wären nach dem Fazit von Antje Roth »in der Lage, sich selbstständig zu verjüngen, würden eine hohe Biodiversität aufweisen und Schutzfunktionen optimal erfüllen können«, was CO2-Speicherung, Wasserhaushalt und Bodenqualität angeht. Eine hohe Wilddichte gefährde jedoch eine Artenvielfalt und die ökologische Stabilität des Waldes, weil »viele Baumarten sich aufgrund von starkem Verbiss nicht mehr selbstständig verjüngen können«. Mit der Folge, dass sich die Zusammensetzung der Baumarten stark verändert und vermindert.
Beim Rundgang durch den Springer Stadtwald hat die Bürgermeisterkandidatin der Grünen daher mit Erleichterung aufgenommen, dass der aktuelle Wildbestand im Stadtwald des Deisters nicht im Ungleichgewicht zu seinem Lebensraum steht. Eindeutiges Indiz dafür ist aus ihrer Sicht das augenfällige Ausmaß der Naturverjüngung im Forst beispielsweise beim Besatz mit jungen Buchen. Damit hat die Kommunalpolitikerin, die 2018 mit Kind und ihrem in Springe aufgewachsenen Partner in großer Sympathie für die kleine Stadt im Grünen an den Deister gezogen ist, Stadtförster Bernd Gallas ausdrücklich ihre Anerkennung entgegengebracht.